Ein Ziel auf dem Weltnaturschutzgipfel ist die Wiedervernässung der Moore.
Ein Ziel auf dem Weltnaturschutzgipfel ist die Wiedervernässung der Moore. Foto: chesterF/AdobeStock
18. Januar 2023 | Naturschutz und Biodiversität

Weltnaturschutzgipfel: Montreal meets Moor

Der Weltnaturschutzgipfel in Montreal 2022

Die Artenvielfalt zu erhalten, war das Ansinnen des zweiwöchigen Weltnaturschutzgipfels in Montreal (UN Convention on Biological Diversity) Ende des vergangenen Jahres. Am Ende einigte man sich auf 23 Ziele, darunter die Verpflichtung, bis 2030 damit zu beginnen, mindestens 30 Prozent ökologisch geschädigter Lebensräume zu renaturieren, also etwa trockengelegte Feuchtgebiete wieder zu vernässen.

Die internationale Gemeinschaft aus 196 Staaten hat sich das Ziel gesetzt, bis 2030 „mindestens 30 Prozent der Land-, Binnengewässer-, Küsten- und Meeresgebiete“ unter Schutz zu stellen. Weiteres wichtiges Ziel: Da Pestizide als eine der Hauptursachen für den Rückgang der Artenvielfalt gelten, muss bis 2030 das Risiko durch den Gebrauch von Pestiziden um mindestens die Hälfte verringert werden. Um kontrollieren zu können, ob die Ziele erreicht werden, soll es erstmals einheitliche Indikatoren sowie ein Monitoring mit Berichterstattung geben.

„Heute ist ein guter Tag für den Natur- und Umweltschutz“, sagte Bundesumweltministerin Steffi Lemke, nachdem das Abkommen am 19.12.2022 beschlossen war. Die Erwartungen an den Weltnaturschutzgipfel waren hoch: Einen „Paris-Moment“ für Biodiversität beschwor man – in Anlehnung ans Klimaabkommen von 2015, das Schwung in die internationalen Verhandlungen brachte. Nun spricht das BMUV vom „Montreal-Moment für die Natur“.

Rechte für indigene Bevölkerungen

Was steht noch im Abschlussdokument des Gipfels? Über wenige andere Artikel soll so heftig gestritten worden sein, wie um die Absicherung der Landrechte für indigene und lokale Bevölkerungen. Nun werden deren Rechte konkret bei den Zielen bis 2030 genannt.

Subventionen für den Naturschutz

Das Montreal-Abkommen erkennt an, dass es zu viele Subventionen gibt, die zur Umweltzerstörung beitragen. Diese biodiversitätsschädigende Anreize von mindestens 500 Mrd. US-Dollar im Jahr will man bis 2030 schrittweise abschaffen oder reformieren. Gleichzeitig würden jährlich 200 Mrd. US-Dollar für einen effektiven Naturschutz mobilisiert. Diese Summe gilt für Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen und soll aus öffentlichen Haushalten, aus der Finanzwirtschaft sowie von Unternehmen und Sponsoren stammen. Um den armen Ländern des globalen Südens den Schutz ihrer Artenvielfalt zu ermöglichen, sollen sie jährlich bis 2025 mit 20 Mrd. und bis 2030 mit 30 Mrd.US-Dollar unterstützt werden. Bundeskanzler Olaf Scholz hatte zuvor schon zugesagt, von 2025 an 1,5 Mrd. für die internationale Biodiversitätsfinanzierung zur Verfügung zu stellen.

Kein einziges Ziel vollständig erfüllt

Die neuen Ziele lösen die Aichi-Ziele ab, die 2010 auf dem Weltnaturschutzgipfel (UN-Biodiversitätskonferenz) in der japanischen Provinz Aichi verabredet wurden. Bis heute wurde kein einziges dieser 20 Ziele vollständig erfüllt. 2026 sollen die 196 Staaten eine erste Zwischenbilanz ziehen. Am Mitte 2029 ist der Abschlussbericht für die 2030-Ziele fällig.

Kritik am Weltnaturschutzgipfel: zu wenig Konkretes, zu wenig Geld

Forschende und Umweltverbände feiern die Ergebnisse des Weltnaturschutzgipfels nicht so euphorisch ab wie die Politik. „Definitiv kein Paris-Moment“ nahm Yves Zinngrebe wahr. Der Naturschutzwissenschaftler vom UFZ war vor Ort: „Grundlegende Probleme wie vage, unpräzise Zielstellungen und fehlende Umsetzungsmaßnahmen bestehen nach wie vor“, sagt er. Auch Ökosystemforscherin Almut Arneth vom KIT ist skeptisch: „Man sieht sofort, wie wichtig es ist, dass noch viele weitere Hebel angesetzt werden.“Schließlich seien Schutzgebiete unterschiedlichen Regularien unterworfen: von streng geschützten Kernzonen in Nationalparks hin zu Schutzgebieten, die eher auf dem Papier stehen, z.B. 45 Prozent der deutschen Meeresfläche, wo menschliche Nutzung kaum eingeschränkt ist.

Kritisch auch die DUH: „Angesichts dessen, dass Gasexporteur Katar gerade 220 Milliarden US-Dollar in die Fußball-WM gesteckt hat, zeigt sich das Missverhältnis zu den mageren Beträgen, die für den internationalen Naturschutz zur Verfügung stehen.“

Das Abschlusspapier des Weltnaturschutzgipfels mit allen 23 Zielen:  221219-CBD-PressRelease-COP15-Final.pdf

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe, Januar 2023.

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