Die Turteltaube ist Vogel des Jahres 2020
Die Turteltaube ist Vogel des Jahres 2020. Foto: WildMedia/AdobeStock
2. November 2019 | Bürgerinfo

Vogel des Jahres 2020: Turteltaube

Na, ihr Turteltäubchen!“ Diese Ansprache für ein verliebtes Paar kennt jeder. Wohl nur wenigen dürfte aber geläufig sein, dass dahinter nicht nur das liebkosende Verhalten der Tauben steckt, sondern dass Turteltauben eine eigene Art darstellen, wissenschaftlich Streptopelia turtur genannt. Doch nicht dieses lebendige Symbol für Glück und Liebe nahmen der Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Landesbund für Vogelschutz in Bayern zum Anlass, die Turteltaube zum Vogel des Jahres 2020 zu erklären. Vielmehr ist es die ernste Bedrohung dieser Taubenart, gänzlich von der Erde zu verschwinden.

Der Lebensraum der Turteltaube ist bedroht

„Seit dem Jahr 1980 sind fast neunzig Prozent ihrer Bestände in Deutschland verloren gegangen“, stellen die Vogelschützer fest. Der Grund: Der kleinsten unserer Tauben fehle es an strukturreichen Wald- und Feldrändern. Nicht überraschend: Einmal mehr ist es die industrielle Landwirtschaft, wegen der sich die Bedingungen für die Turteltaube derart verschlechtert haben.

Turteltauben sind Zugvögel

Und noch etwas gefährdet die Turteltaube: Sie verbringt den Winter in Afrika. Und auf dem Weg dahin und wieder zurück fallen viele der Vögel Taubenjägern zum Opfer. Allein in der EU werden laut dem NABU jährlich rund zwei Millionen Turteltauben getötet. Turteltauben sind die einzigen Langstreckenzieher unter den Taubenarten Mitteleuropas.

Sie verlassen bereits Ende Juli bis Anfang Oktober Europa, um südlich der Sahara zu überwintern. Wie die Langstreckenzugvogelarten Mauersegler und Neuntöter verbringen auch Turteltauben den überwiegenden Teil des Jahres auf der Reise und im afrikanischen Überwinterungsgebiet. Dass die europäische Art dahin drei Hauptzugrouten einschlägt, zeigen Beringungsdaten.

Mehr als zwei Drittel der in Frankreich, Deutschland und Großbritannien brütenden Vögel folgen der westlichen Zugroute über Gibraltar. Brutvögel aus dem östlichen Mitteleuropa fliegen zentral über Italien und Malta oder nutzen die östliche Zugroute über den Balkan. Auf dem Herbstzug liegen anstrengende Reiseetappen vor der kleinen Taube, deshalb legt sie zum Beispiel vor der Überquerung des Mittelmeers eine Pause ein. Auf afrikanischer Seite übernachtet sie dann gern in wassernahen Akazienwäldchen, bevor sie 60 km/h schnell 700 km nonstop über Sandwüsten durch die Nacht fliegt.

Turteltauben bleiben nicht nur ihrem Brutgebiet treu, sondern kehren anscheinend auch in angestammte Überwinterungsgebiete zurück. Das zeigen in Frankreich besenderte Vögel, die in Gambia wiedergefunden wurden. Im Gegensatz zum nächtlichen Herbstzug fliegen die Tauben im Frühling tagsüber zurück in die Brutgebiete Europas. An wichtigen Rastplätzen wie dem Senegaldelta auf der Westroute versammeln sich mitunter viele Tausend Vögel, um dort Reserven für den kräftezehrenden Heimflug aufzubauen.

Fünf Tauben-Arten im Vergleich

Weltweit gibt es rund 300 Taubenarten aus 42 Gattungen. Davon leben nur fünf Arten in Deutschland: drei aus der Gattung Columba und zwei der Gattung Streptopelia.

  1. Ringeltaube (Columba palumbus). Unsere größte und häufigste Taube, die am weißen Halsseitenfleck zweifelsfrei zu erkennen ist. Ihr Brutbestand in Deutschland liegt bei 2,6 bis 3,1 Mio. Paaren. In Parks und Friedhöfen weit verbreitet. Im Frühjahr kann man die Männchen bei ihrem Balzflug beobachten: Mit kräftigen Flügelschlägen steigt der Tauber steil auf und lässt sich dann mit gespreiztem Schwanz wieder abwärts gleiten. Sein Reviergesang klingt dumpf und rhythmisch: „ruhgu-ruguhu-guu“.
  2. Stadttaube (Columba livia f. domestica). Stammt von der rund ums Mittelmeer lebenden Felsentaube ab. Teils sind Zuchttauben eingekreuzt, das Gefieder kann sehr verschieden gefärbt und gemustert sein. Auffällig ist häufig ein metallischer Farbglanz am Hals und rotbraune Augen. Brutbestand in Deutschland zwischen 190 000 und 310 000 Paaren. Das warme Stadtklima und reichlich Futter (aus Abfall und aus Menschenhand) ermöglichen eine erfolgreiche Fortpflanzung: Bis zu acht Mal pro Jahr können sie je zwei Junge aufziehen.
  3. Türkentaube (Streptopelia decaocto). Gut zu unterscheiden durch das hellgraue Gefieder und durch den schwarzen Genickstreifen. Hat sich vom Südosten aus nach Mitteleuropa ausgebreitet. In Deutschland brüten 110 000 bis 205 000 Paare. Typischer Siedlungsvogel.
  4. Hohltaube (Columba oenas). Etwas kleiner als Stadttauben, deren Gefieder ähnlich ist. Ihre Flügel aber im gleichen Blaugrau gefärbt wie der Kopf, dazu ein grüner Nackenfleck und ohne die beiden schwarzen Flügelbinden, die Straßentauben kennzeichnen. Brutbestand in Deutschland: 49 000 bis 82 000 Paare. Klassischer Waldvogel, der auch in Ortschaften brütet.
  5. Turteltaube (Streptopelia turtur). Unsere kleinste Taube, die mit ihren rostrot gesäumten Flügelfedern und schwarzem Kern unverwechselbar ist. Ihr Bestand liegt hierzulande bei 25 000 bis 45 000 Brutpaaren, Tendenz aber leider deutlich sinkend.

Zum Turteltauben-Blog des NABU:  Turteltauben auf Reisen – Verfolgen Sie unsere besenderten Tauben auf ihrem Weg nach Afrika und zurück. (nabu.de)

Aktion „Jagdstopp für Turteltauben in der EU“ des NABU:  Aktion beendet: Jagdstopp für Turteltauben | NABU

Autor: Tim Bartels, aus:  UmweltBriefe, November 2019.