Hannovers Innenstadt soll autofrei werden.
Hannovers Innenstadt soll autofrei werden. Foto: rammi76/AdobeStock
9. Oktober 2023 | Mobilität und Verkehr

Nahezu autofrei: neues Mobilitätskonzept für die Innenstädte

„In Zukunft wird Hannovers Zentrum nahezu autofrei sein.“ So heißt es aus der Pressemeldung der niedersächsischen Landeshauptstadt. Seit seiner Ernennung zu Hannovers Oberbürgermeister im November 2019 hat der Grüne Belit Onay die autofreie Innenstadt zum Schwerpunkt seiner Politik gemacht. Nun hat er geliefert und ein Mobilitätskonzept vorgelegt. Demnach will die Stadtverwaltung in den kommenden Jahren nach und nach Parkplätze am Straßenrand abschaffen und für mehr Aufenthaltsqualität in der City sorgen.

„Mit Strahlkraft in die ganze Stadt und das Umland“, so das Ziel des Hannover-Konzepts. Es könnte auch in andere Kommunen strahlen, die vor dem Umbau stehen von einer bisher allein autogerechten zu einer mobilitätsgerechten Innenstadt für alle.

Kein Auto zu viel in der Stadt

Für Hannovers OB heißt autofrei natürlich nicht wirklich autofrei, sondern: „Es ist kein Auto zu viel in der Stadt.“ Denn selbstverständlich werde man weiterhin auch mit dem Auto in die City fahren können, sagte Belit Onay gegenüber dem NDR, allerdings nur noch direkt in die Parkhäuser. Dort fänden PKW in Hannovers Zentrum dann ausreichend Platz, so Onay, weil man darin nicht mit dem Durchgangsverkehr konkurriere, also nicht mit anderen „Parksuchverkehren“. Das Parken am Straßenrand werde in der Innenstadt weitgehend abgeschafft. So erhielten RadfahrerInnen mehr Platz, FußgängerInnen höhere Aufenthaltsqualität und die Öffis fahren flüssiger.

Allein AnliegerInnen könnten weiter auf ihren privaten Stellplätzen parken. Auch Taxen kämen weiter in die Stadt, der Anlieferverkehr ohnehin. Die Parkmöglichkeiten für Menschen mit Behinderung würden sogar ausgeweitet und die Parkhäuser blieben allesamt über Stichstraßen erreichbar. „Für diejenigen, die aufs Auto angewiesen sind, wird es zukünftig leichter, in die Stadt zu kommen, weil es weniger konkurrierenden Autoverkehr gibt – aber insgesamt wird die Zahl der Stellplätze nach und nach deutlich reduziert.“

Park & Ride und ÖPNV ausbauen

Dort wo noch gefahren werden darf, gilt Tempo 20 oder maximal 30. Wer in die Stadt hineinfahren und sich den Stau nicht antun wolle, könne bereits jetzt bequem irgendwo außerhalb parken und dann mit dem ÖPNV ins Zentrum fahren, sagt der grüne Oberbürgermeister: „Wir haben schon 6000 Angebote für Park and Ride.“ Und die würde man in den nächsten Jahren noch weiter ausbauen: mit weiteren 3000 Plätzen. „Das Gute ist“, sagt Onay, „dass wir heute schon einen sehr starken ÖPNV haben.“ Der soll vom neuen Konzept profitieren und pünktlicher werden. Mobilitätseingeschränkten Menschen werde durch barrierefreien Umbau vieler Straßen und mehr Behindertenstellplätzen der City-Zugang erleichtert, teilt die Stadt mit.

Bessere Radinfrastruktur

Und schließlich soll das Fahrrad eine wichtige Rolle spielen: „Mit einer guten Radinfrastruktur, die wir aktuell bereits ausbauen“, sagt Onay. Fahr- und Abstellsituationen sollen deutlich verbessert werden, heißt es. Beispielsweise werde die Lange Laube, eine Fahrradstraße mit Geschäften, Restaurants und Medienzentrum, zu einer „echten“ Fahrradstraße umgestaltet – und das heißt: Für den Autoverkehr bleibt sie gesperrt. Zudem würden Lücken im Radwegenetz geschlossen. Wann geht es los? Wenn der Stadtrat das Konzept noch dieses Jahr beschließt, heißt es, könne der Umbau 2024 beginnen. Bis 2030 sollen alle Maßnahmen umgesetzt sein.

Autofreie Innenstadt in Braunschweig

Die niedersächsische Landeshauptstadt ist nicht die einzige Stadt im Bundesland, die zukunftsgerechte Mobilität ermöglichen will. In Braunschweig gab der Verwaltungsausschuss Mitte 2019 grünes Licht für einen Mobilitätsentwicklungsplan bis 2035. Im April 2022 entstand ein Zwischenbericht. Und auch darin geht es vor allem darum, Autos aus der Innenstadt zu verdrängen: Durch Verknappung des Parkraums, durch dessen teure Bewirtschaftung, durch noch mehr Busspuren, mehr Anliegerstraßen und Fußgängerzonen.

Mobilitätskonzepte in Oldenburg und Lüneburg

Auch die Stadt Oldenburg will weniger PKW in der City, eben dort „möglichst autofrei“ sein. Ein Gutachten für die Stadt sieht dort Potenzial für 14.000 weniger Privatautos. In einem Teilkonzept des Mobilitätsplans für Oldenburg geht es um weniger eigene PKW, mehr Carsharing-Angebote, mehr Stellplätze für Fahrräder und sehr hohe Parkgebühren. Und in Lüneburg herrscht ebenfalls viel Tatendrang, denn die Stadt will bis 2030 klimaneutral sein. Oberbürgermeisterin Claudia Kalisch (Grüne) plant, Parkplätze abzubauen und dafür das Radwegenetz auszubauen.

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe Oktober 2023


Die Mitteilung Hannovers zum „Mobilitätskonzept Innenstadt“ lesen Sie unter:  Mobilitätskonzept Innenstadt – Hannover.de

Der Bericht Braunschweigs zum Mobilitätsentwicklungsplan unter:  MEP Braunschweig

Beispiele und Mobilitätsmaßnahmen Lüneburgs zum Ziel Klimaneutralität:  Hansestadt Lüneburg – Klimaschutzplan – Mobilität (lueneburg-klimaschutz.de)


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