Die Deutschen brauchen Nachhilfe bei der Mülltrennung
Die deutschen Privathaushalte benötigen Nachhilfe in Sachen Mülltrennung: zu viele Fehlwürfe. Foto: AdobeStock
5. Mai 2020 | Bürgerinfo

Mülltrennung: intelligenter Fehlwurf

Die Deutschen gelten doch eigentlich seit Jahrzehnten als Weltmeister im Mülltrennen. Stimmt nicht? Niemand in Europa sammelt und sortiert doch seinen Abfall so akribisch wie die Bürger hierzulande. Das mag sein. Dennoch starteten die dualen Systeme in diesem Jahr eine bundesweite Kampagne. Der Grund: Glaubt man der Entsorgungsbranche, landen in den gelben Tonnen und gelben Säcken 40 bis 60 Prozent Fehlwürfe. Da braucht es Nachhilfe.

Die bunte Trennvielfalt vor der Haustür verunsichert

Viele private Haushalte im Land müssen offenbar noch besser darüber aufgeklärt werden, was in welche Tonne gehört. Ist ja auch gar nicht so leicht angesichts der bunten Trennvielfalt vor der Haustür: graue Tonne (Restmüll), gelbe Tonne (Verpackungen), grüne oder braune Biotonne (Gartenabfälle, Speisereste), blaue Tonne (Altpapier) und orange Wertstofftonne (Kunststoffe und Altmetall). Hinzu kommen drei verschiedene Container für Weiß-, Braun- und Grünglas.

„In Deutschland wird die Mülltrennung zum IQ-Test“, schreibt Die Zeit. Und nun überfällt uns auch noch die Corona-Pandemie und führt zu zusätzlicher Verunsicherung, was wo entsorgt werden muss. In welche Tonne schmeiß ich meine ausgediente Zahnbürste jetzt noch mal?

Problemfall Plastikmüll

Vielerorts ist man geneigt, alles, was aus Plastik oder Metall ist, in die Gelbe Tonne zu werfen. Im guten Glauben, dass es sich recyceln lässt. Etwa ein Blumentopf aus Polypropylen, abgekürzt PP. Landet der in der Gelben Tonne, spricht die Branche vom „intelligenten Fehlwurf“. Denn Abfall aus reinem PP kann man in der Tat wunderbar recyceln. Der Blumentopf findet also trotz falscher Abfalltonne seinen Weg in die Recyclinganlage, ist aber keine Verpackung. Und in gelbe Tonnen oder Säcke darf eben nur, was mal Verpackung war.

Knapp drei der vier Millionen Tonnen Kunststoff, der jedes Jahr hierzulande zu Verpackungen verarbeitet wird, landet im Abfall. So heißt es auf der Website der Mülltrennungskampagne. Und: „Zur Wiederverwendung kommen knapp 1,9 Millionen Tonnen Kunststoffrezyklat für neue Produkte oder Verpackungen.“ Nur weniger als die Hälfte landet also wie gewünscht in Recyclinganlagen, die den Kunststoffmüll in graue Pellets für die Industrie verwandeln. Und der Rest? Verpackungen, die aus Mischstoffen bestehen, lassen sich nicht trennen, sie werden meistens verbrannt. Nur nicht unbedingt in Deutschland. Denn wir zählen nach den USA und Japan zu den weltweit größten Plastikmüllexporteuren.

Anfang 2019 trat das Verpackungsgesetz in Kraft. Das besagt, dass mehr als jede zweite Plastikverpackung (58,5 Prozent) recycelt werden soll. Bis 2022 wird dieser Anteil  auf 63 Prozent steigen. Die erhöhten Recyclingquoten sollen dafür sorgen, dass wir nicht nur deutlich mehr Kunststoffverpackungen über den Gelben Sack oder die Gelbe Tonne sammeln. Das Plastikrecycling muss auch noch viel erfolgreicher werden.

So trennt man richtig

  1. Den Müll entmüllen. Schon beim Einkaufen Abfall möglichst vermeiden werden: Benutzen Sie einen Einkaufskorb oder eine Tasche. Verzichten Sie, wenn möglich, auf Einwegverpackungen. Viele Produkte gibt es im Mehrweg (Getränke, Milch, Joghurt), zum Nachfüllen (Wasch- und Reinigungsmittel, Lacke und Farben, EDV-Zubehör, Klebstoff, Zahnbürstenköpfe und vieles mehr) oder unverpackt. Kaufen Sie Recyclingprodukte wie Recyclingpapier, hergestellt aus 100 Prozent Altpapier. Denn was nützt die beste Mülltrennung, wenn die daraus gewonnenen Produkte nicht gebraucht und gekauft werden?
  2. Gelbe(r) Tonne/Sack. Hier alles rein, was Verpackung war – außer Glas und Papier. Dabei beachten: Sowohl Aludeckel als auch Plastikbecher gehören hier rein – aber getrennt. Sortiermaschinen erkennen nur ein Material. Zur Wiederverwertung zwei unterschiedlicher Materialien ist es also wichtig, dass man sie einzeln in den Müll gibt.
  3. Batterien. Leere Batterien zu horten, lohnt sich. Die Umwelt dankt. Einfach eine Schachtel neben die Pfandflaschen stellen und beim nächsten Supermarktbesuch im grünen Sammelbehälter oder beim kommunalen Schadstoffmobil abgeben.
  4. Restmüll oder Graue Tonne. Wer Glas, Papier, Metall, Verpackungen und gar Biomüll trennt, bei dem dürfte kaum noch Restmüll anfallen. Was bleibt, sind Hygieneartikel, z.B. Windeln, Zigarettenkippen, Asche – und Plastikmüll, der keine Verpackung war. Zumindest kann man als Trennmeister auf eine kleinere Grautonne und/oder auf 14-tägige Abfuhr umsteigen. Bioabfall, also nasses organisches Material, sollte nicht im Restmüll landen, der hierzulande verbrannt wird.
  5. Ausnahme Corona. Haushalte, in denen infizierte Personen oder begründete Verdachtsfälle in häuslicher Quarantäne leben, entsorgen Verpackungen, Altpapier, Biomüll über die Restmülltonne – und zwar in reißfesten Abfallsäcken. Ebenfalls in den Restmüll gehören Schutzmasken und Schutzhandschuhe. Glasabfälle, Pfandverpackungen sowie Elektro- und Elektronikabfälle, Batterien und Schadstoffe sollten Sie möglichst zwischenlagern und erst nach Aufhebung der Quarantäne entsorgen.

Die 5-stufige Abfallhierarchie

  1. Abfallvermeidung: Der beste Abfall ist natürlich der, der gar nicht erst entsteht, weil auch die Wiederaufbereitung und das Recycling von Abfall Energie kosten.
  2. Wiederverwendung: Hierzu zählt der Mehrweg, z.B. bei Getränkeflaschen; ebenso hilft Reparieren, Secondhand-Verkauf oder auch Verschenken, Abfall zu vermeiden.
  3. Recycling: heißt, einen Rohstoff wieder in den Kreislauf zurückzubringen. Die Rückgewinnung kostet Energie, teilweise werden zur Herstellung der neuen Produkte auch neue Rohstoffe benötigt.
  4. Energetische Verwertung: Damit ist vor allem die Verbrennung von Müll gemeint, bei der Strom und Wärme erzeugt werden.
  5. Abfallbeseitigung: Erst wenn man keine der vier oberen Strategien anwenden kann, darf Abfall beseitigt werden. Reststoffe wie etwa giftige Stäube aus Filteranlagen muss man als Sondermüll sicher deponieren.

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe, Mai 2020

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