Die Luftreinhaltung in deutschen Städten hat sich verbessert.
Die Luftreinhaltung in deutschen Städten hat sich verbessert. Foto: Arthur Kattowitz/AdobeStock
3. März 2020 | Mobilität und Verkehr

Luftreinhaltung: Umweltschutz wirkt!

„Umweltpolitik wirkt.“ So selbstbewusst hatte Svenja Schulze noch keine Pressekonferenz eröffnet, seit sie Mitte März 2018 Bundesumweltministerin wurde. Grund für diese aus ihrer Sicht freudige Botschaft am 11. Februar sind die aktuellen Luftmesswerte in deutschen Städten, die für mehr Luftreinhaltung sprechen. „Wir können erkennen, welche Effekte unsere Maßnahmen haben“; sagt Schulze und nennt die Nachrüstung von Dieselbussen, den kommunalen Einkauf von 780 Elektrobussen, die das BMU finanziell unterstützt, und die Digitalisierung des ÖPNV-Systems.

In 19 Städten muss noch an der Luftreinhaltung gearbeitet werden

„Weiterer wichtiger Faktor sind sauberere Neufahrzeuge.“ Diesel der Abgasstufe Euro-6d und Euro-6d-temp seien auch auf der Straße sauberer, nicht nur auf dem Prüfstand, so Schulze: „Knapp zwanzig Städte konnten den Grenzwert für NO2 nicht einhalten.“ Dieses Ergebnis formuliert der neue Präsident des Umweltbundesamts (UBA), Dirk Messner, erst seit Januar im Amt, etwas anders. Er sagt, es gebe immer noch eine beachtliche Zahl von Städten, die den Grenzwert überschreiten. „Wir können uns noch nicht ausruhen, sondern müssen weitermachen, um noch besser zu werden.“ In 19 Städten müsse noch weiter an der Luftreinhaltung gearbeitet werden.

Zu viele alte Diesel-Autos

Zudem seien noch nicht alle Messstationen ausgewertet. Die kompletten Daten werden erst im Mai vorliegen. Insgesamt würden 25 bis 30 Kommunen über dem Grenzwert liegen, schätzt Messner. Für den neuen UBA-Chef entfallen zwei Drittel der gesunkenen NO2Belastung und die bessere Luftreinhaltung auf die Flottenerneuerung und Software-Updates. Der hohe Altbestand an Dieselautos sei immer noch das Hauptproblem. Dagegen stoßen neue Diesel mit Euro-6d-temp nur noch 40 mg NO2/km aus. Der Grenzwert liegt bei 80 mg. Wichtig sei aber auch, so Messner, „dass die Zahl der Autos künftig reduziert wird“.

Fehlende Messdaten von 130 Stationen

Noch fehlen die Daten von 130 Messstellen, die nicht automatisch messen, sondern deren Passivsammler Labore analysieren müssen. Laut dem Umweltbundesamt (UBA) sind die mittleren NO2Konzentrationen an verkehrsnahen Messstationen um etwa 3 µg/m³ zurückgegangen. Als Gründe nennt das UBA auch Tempolimits und Diesel-Fahrverbote sowie meteorologische Einflüsse, die die Ausbreitung von Luftschadstoffen beeinflussen.

Wetterlage hat Einfluss auf Messdaten

Die besondere Wetterlage bestätigten auch Experten der TU Berlin. Wegen des milden Wetters bildeten sich „weniger kalte Luftschichten, die die Schadstoffe am Boden halten“, kommentiert der VCD die gesunkene Zahl der NO2Grenzwertüberschreitungen. An weniger windigen Messorten, in denen die Luft nicht gut zirkulieren könne, zum Beispiel Innenstadtbereiche von Frankfurt am Main, betont die Deutsche Umwelthilfe (DUH), sei die Schadstoffbelastung gleich geblieben oder gar angestiegen.

Weiterhin zu hohe Feinstaubbelastung

Im Fall des Feinstaubs in der Luft – für Dirk Messner das „deutlich größere Gesundheitsproblem als Stickstoffoxide“ – hat der UBA-Präsident ebenfalls Positives kundzutun: Für PM10 (Partikel kleiner 10 µm) gibt es keine Grenzwertüberschreitungen mehr. Die Limits lauten höchstens 35 Tage mit mehr als 50 µg/m³ Luft im Tagesmittel und maximal 40 µg/m³ Luft im Jahresmittel. „Wir sehen hier für 2019 hohe Verbesserungen“, berichtet Messner. Doch schlägt er vor, „noch anspruchsvoller zu sein“. Die Grenzwerte für die Luftreinhaltung seien mittlerweile mehr als 20 Jahre alt und bedürften dringend einer Anpassung an die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse, so Messner.

Die Kommunen sollten sich an der Weltgesundheitsorganisation (WHO) orientieren, die statt 40 µg/m³ Luft nur 20 µg Feinstaub im Jahresmittel vorsieht. Dieser WHO-Richtwert wurde 2019 hierzulande an 13 Prozent der Messstationen überschritten. Die Empfehlung der WHO in Bezug auf die Tagesmittelwerte (nur drei Tage pro Jahr über 50 µg/m³) hielten rund ein Drittel aller Messstationen in Deutschland nicht ein. „Feinstaub ist ein gravierendes Gesundheitsproblem.“ Berechnungen des UBA zeigten im jährlichen Durchschnitt für Deutschland pro Jahr 44 900 vorzeitige Todesfälle, die auf Feinstaubbelastung zurückzuführen seien. „Besonders die Emissionen aus der Landwirtschaft und aus Holzfeuerungen sollten reduziert werden“, sagt Messner.

Die App des Umweltbundesamtes zur Luftreinhaltung:  App Luftqualität | Umweltbundesamt

Das Umweltbundesamt sammelt und bewertet die Messdaten zur NO2-Grenzwertüberschreitung in Städten von über 500 Messstationen:  Städte mit NO2-Grenzwertüberschreitungen | Umweltbundesamt

Autoren: Tim Bartels und Leo Frühschütz, aus:  UmweltBriefe März 2020.