Ein sinnvoller Einsatz der Geothermie ist die Wärmepumpe für Privathäuser
Wärmepumpen sind ein sinnvolles Beispiel für den Einsatz von Geothermie. Bild: arahan / AdobeStock
15. Juni 2021 | Energie und Wärme

Geothermie: Erneuerbare Energie aus der Erde

Derzeit beziehen hierzulande immer noch mehr als 90 Prozent der Wohngebäude ihre Wärme aus Kohle, Erdgas oder Erdöl. „Wie kann eine klimaneutrale Wärmeversorgung 2045 und der Weg dahin aussehen?“, fragt nun das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) und sucht den Dialog. Antwort darauf gibt der Bundesverband Geothermie (BVG), der einmal mehr die „nach menschlichen Maßstäben unerschöpfliche Erdwärme“ aus der Nische in die Fläche holen will.

Erfolgsbeispiel: Geothermie in der Gemeinde Grünwald

Bestes Beispiel der kommunalen Wärmeversorgung ist seit rund zehn Jahren die Gemeinde Grünwald bei München. „Wir decken mit 80 bis 90 MW nahezu den gesamten Wärmebedarf in zwei Kommunen mit Geothermie ab“, sagt Andreas Lederle, der Geschäftsführer der Erdwärme Grünwald GmbH (EWG). Die 100-prozentige Tochter der Gemeinde fördert aus etwa 4000 Metern pro Sekunde 120 l Wasser, das 127 °C heiß ist. Es gibt seine Wärme über einen Wärmetauscher an das Wasser im Fernwärmenetz ab und wird dann abgekühlt wieder in die Tiefe geleitet. Aus der überschüssigen Wärme, die das ganze Jahr über anfällt, besonders aber im Sommer wird in einer Organic-Rankine-Cycle (ORC)-Anlage Strom erzeugt. Mittlerweile versorgt die EWG 1300 Haushalte mit der Erdwärme. Ziel des Versorgers sei es, so Lederle, 80 neue Hausanschlüsse pro Jahr zu gewinnen. Dieser „Zuspruch aus der Bevölkerung“ und ein „breiter politischer Konsens“ haben nach den Worten Lederles zum Erfolg geführt.

Potenzial nicht ausgeschöpft

Der Bundesverband Geothermie (BVG) preist in einem Impulspapier noch mal die Vorzüge, geothermische Ressourcen zu nutzen: „Oberflächennahe und Tiefe Geothermie haben den geringsten Flächenbedarf pro Kilowattstunde, die höchste Jahresarbeitszahl sowie die geringsten Gestehungskosten aller erneuerbaren Energien.“ Geothermie sei jederzeit verfügbar und habe den geringsten CO2-Fußabdruck pro Kilowattstunde. Laut dem BVG zapfen derzeit 38 Anlagen in Tiefen über 400 Meter das Erdinnere hierzulande an. Davon sind 34 Anlagen reine Heizwerke, sechs produzieren nur Strom und zehn Geothermie-Kraftwerke erzeugen Strom und Wärme. Weitere vier sind im Bau und etwa 30 in der Planung.

Im Bereich der oberflächennahen Geothermie seien derzeit rund 420000 Erdwärmeheizungen mit Wärmepumpe installiert. Damit werde nur ein Bruchteil des Potenzials ausgeschöpft, sagt Erwin Knapek, der von 1996 bis 2008 Bürgermeister von Unterhaching war und das dortige Geothermie-Projekt durchgesetzt hat . „Eine super Energie, die unter unseren Füßen ist.“

Bundesförderung für Geothermie kommt

Die Kilowattstunde dieses geothermisch erzeugten Stroms wird nach derzeit geltendem EEG in Neuanlagen, die bis 2024 in Betrieb gehen, zwanzig Jahre lang mit 25,2 Cent vergütet. Davon profitierten aber nur Geothermie-Unternehmen, deren Thermalwasser mindestens 100 °C heiß sei und damit geeignet für eine Verstromung, beklagt Lederle gegenüber dem Infoportal Energate: „Für die
viel nachhaltigere Nutzung der Geothermie zur Wärmeversorgung findet dagegen noch keine vergleichbare Förderung statt.“

Die soll nun mit der „Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW) kommen und wurde vergangenen Dezember bis 2032 festgeschrieben. Ihr Umfang soll etwa 1 Mrd. Euro pro Jahr betragen. Das sind prinzipiell gute Nachrichten für die Stadtwerke, die für den anstehenden Umbau der Infrastruktur bundesweit mehr als 30 Mrd. Euro aufbringen müssen. Doch bisher folgten den BEW-Versprechen des BMWi noch keine präzisen Förderrichtlinien. Diesen Entwurf muss zudem ja auch noch die EU-Kommission beihilferechtlich genehmigen, bevor die Förderung tatsächlich in Kraft treten kann.

Derzeit können Projektentwickler noch auf das Förderprogramm „Wärmenetze 4.0“ des Bafa oder das KfW-Programm „Erneuerbare Energien Premium – Tiefengeothermie“ zugreifen. Letzteres fördert maximal vier Tiefenbohrungen pro Projekt; Erkundungsbohrungen sind allerdings von der KfW-Förderung ausgeschlossen. Dabei sei die größte Hürde laut EWG-Chef Lederle vor allem das „Fündigkeitsrisiko“, also die finanzielle Gefahr, dass die geothermische Lagerstätte nach dem Erschließen nicht die notwendige Quantität oder Qualität aufweise. Deshalb fordert der Grünwalder Lederle „ein geologisches Untergrundmodell für ganz Deutschland“.

Diese Grundlage zu schaffen und durch ein systematisches Erkundungsprogramm von Staatsseite auszubauen, fordert auch der BVG. Damit ließe sich „eine Dynamik beim Ausbau der Tiefen-Geothermie erzeugen“.

Erkundung in Aachen und Freiburg

Die Stadtwerke Aachen (Stawag) erkunden bereits: Gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Energieinfrastrukturen und Geothermie (IEG) suchen sie Gesteinsschichten in drei bis fünf Kilometer Tiefe auf Hinweise ab, ob dort mehr als 100 Grad heißes Thermalwasser zu finden wäre. Die Tiefen-Geothermie soll bis 2030 ein Drittel der Leistung aus ihrem Kohlekraftwerk Weisweiler für die Wärmenetze ersetzen.

Auch der baden-württembergische Energieversorger Badenova will das Erdwärmepotenzial in seiner Region untersuchen. Mittels verschiedener Instrumente erkundet das Tochterunternehmen Wärmeplus in einem festgelegten 320 km² großen Gebiet zwischen Freiburg, Breisach und Müllheim die dortigen Ressourcen. „Wir werden in den kommenden Jahren neunzehn Kommunen in unserer Region genauer unter die Lupe nehmen“, sagt Badenovas Wärmechef Klaus Preiser. Dabei bedient er sich neuer geologischer Methoden wie zum Beispiel der Aero-Magnetik mittels Helikopterflug.

Das Papier des BVG lesen Sie unter  Klimaneutrale_Waerme_2021_A4_20210506_Final.pdf (geothermie.de)

Weitere Infos zur Geothermie und Potenzialstudie der Badenova-Wärmeplus gibt es unter  Geothermie – nachhaltige Wärmeversorgung (badenovawaermeplus.de)

Die BMWi-Publikation „Dialog Klimaneutrale Wärme“ steht zum Download bereit unter  BMWi – Dialog Klimaneutrale Wärme: Zielbild, Bausteine und Weichenstellungen 2030/2050

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe, Juni 2021.

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