Brot und Bachwaren gehören zu den am meisten weggeworfenen Lebensmitteln.
Was passiert eigentlich mit all dem Brot, das abends nicht mehr verkauft wird? Foto: monticellllo/AdobeStock
2. November 2018 | Bürgerinfo

Brot und Backwaren: Wohin mit dem Überschuss?

Brot, Brötchen, Kleingebäck und Kuchen zählen nach Obst und Gemüse zu den am häufigsten weggeworfenen Lebensmitteln. Während im Essensmüll privater Haushalte etwa 14 Prozent auf Backwaren entfallen, bleibt in manchen Geschäften etwa jedes fünfte Getreideerzeugnis liegen, wird also nicht mehr verkauft.

Das ergab eine Untersuchung bei ausgesuchten Bäckereien und Backshops im Auftrag des WWF. Es seien nämlich nicht nur die Verbraucher für die Lebensmittelverschwendung verantwortlich, so die Umweltstiftung, sondern auch eine massive Überproduktion.

Wo landet das überschüssige Brot?

„Die Backwarenregale sind abends kurz vor Ladenschluss immer noch voll“, wundert sich Jörg-Andreas Krüger vom WWF immer wieder und ließ darüber recherchieren: „Wo landet das eigentlich alles?“ Die Recherche dazu habe „sehr, sehr lange“ gedauert, berichtet die Journalistin Sabine Jaeger.

Der Grund: Viele Bäcker sind nicht bereit, darüber zu sprechen. Wer es doch tut, will anonym bleiben. Das Thema Brotabfall ist offenbar ein sehr heikles, mitunter beschämend. Viele befürchteten eine schlechte Presse, sagt Jaeger. So lasse sich nur schwer abschätzen, wieviel tatsächlich verschwendet wird. „Nirgendwo wird es erfasst.“ Einzig das Finanzamt könnte dazu Daten liefern, da Bäcker ihre Verluste abschreiben können.

Nur soviel scheint klar: In der Regel wird der nicht verkaufte Überschuss als Tierfutter oder als Substrat für die Biogasanlage an Landwirte abgegeben. Futtermittelhersteller, wird geschätzt, verarbeiten jedes Jahr 400 000 Tonnen Brot. Bestenfalls werden die Retouren an gemeinnützige Tafeln gespendet. Laut Schätzungen ergeben sich von den 4,9 Mio. Tonnen hergestellten Backwaren im Jahr 2015 in Deutschland Verluste von 1,7 Mio. Tonnen pro Jahr. Deren ökologische Auswirkungen errechnete der WWF so: Die Ernte eines rund 398 000 ha großen Ackers werde verschwendet, was einer Fläche entspricht, die größer ist als die Insel Mallorca. Zudem würden 2,46 Mio. t Treibhausgase unnötig ausgestoßen, kritisiert WWF-Mann Krüger.

„Es ist schizophren: Um die Ernte zu maximieren, wird der Anbau intensiviert. Zugleich schmeißen wir säckeweise Lebensmittel weg.“

Wir brauchen ein Umdenken

„Wir brauchen ein Umdenken bei den Konsumenten und der Wirtschaft“, meint Krüger: „Angefangen von unseren Erwartungen an Frische und Vielfalt bis zum nächtlichen Ladenschluss über ein Umdenken im Backgewerbe und Lebensmitteleinzelhandel bis hin zu mehr Transparenz bei den Entsorgungsunternehmen oder Futtermittelherstellern.“

IT gegen Brot-Verschwendung

Im Zuge der Recherchen wurden auch Good-Practice-Beispiele gefunden. So können hohe Retourquoten z.B. durch einfache IT-Lösungen gesenkt werden, indem Produktion und Verkauf aufeinander abgestimmt werden. „Es gibt Bäcker, die mit der Softwarelösung von zwanzig auf zwölf bis 15 Prozent runterkommen“, sagt der Chef der Firma Sancofa, Thomas Rohn. Entsprechende Programme nutzen seiner Einschätzung nach aber von den fast 11 700 Bäckereibetrieben hierzulande bislang nur 50.

Neun Tipps gegen Brotabfall:

  1. Ganzes Brot hält länger frisch als Schnittbrot. Bevorzugen Sie größere Brote, denn die haben im Verhältnis zur Krume eine kleinere Krustenoberfläche. Vor allem Kleingebäcke wie Brötchen und Stangenbrote altern wegen ihrer im Verhältnis zur Krume größeren Oberfläche schneller.
  2. Brot bei der Lagerung auf die Schnittfläche stellen. Stellen Sie Ihr angeschnittenes Brot mit der Schnittfläche nach unten. So trocknet es nicht so schnell aus. Vorzugsweise Roggenbrot oder roggenhaltige Kleingebäcke kaufen. Sie altern langsamer als Weizenbrot und Weizengebäcke.
  3. Brot aus Natursauerteig bevorzugen. Werden bei Roggenbroten und roggenhaltigen Kleingebäcken industrielle Fertigsäuren in Pulverform eingesetzt, hat das Mehl in der schnellen, kurzen Herstellung keine Zeit, das Teigwasser zu binden. Folge: Bei fertig gebackenen Broten verflüchtigt sich das Wasser der Krume relativ schnell, d.h. die Frischhaltung reduziert sich. (Ist nach drei Tagen Roggenmischbrot oder Roggenbrot bereits trocken und „leer“ im Geschmack, ist davon auszugehen, dass industrielle Fertigsäuren verwendet wurden.)
  4. Brot und Backwaren aus Vollkorn bevorzugen. Die Schalen der Getreidekörner binden das Wasser sehr gut. Ein Roggenvollkornbrot ist etwa sieben Tage frisch, ein Weizenvollkornbrot fünf Tage.
  5. Überlegt einkaufen. Nur so viele Weizenkleingebäcke kaufen, wie am selben Tag verzehrt werden können. Nur in frischem Zustand schmecken sie gut und haben eine knusprige Kruste.
  6. Wohlfühltemperatur für Brote. Brote sollten idealerweise bei Raumtemperaturen zwischen fünfzehn und zwanzig Grad Celsius aufbewahrt werden.
  7. Bevorzugter Aufbewahrungsort. Ideal für Brot und Kleingebäcke ist ein Brottopf aus Keramik mit kleinen Lüftungslöchern. Die poröse Tonwand nimmt die Feuchtigkeit aus dem Brot auf und gibt sie wieder ab, sobald die Luft zu trocken wird.
  8. Nicht in den Kühlschrank. Backwaren möglichst nicht im Kühlschrank lagern. Bei Temperaturen zwischen fünf und minus zwei Grad vollzieht sich die Entquellung der Stärke am schnellsten. Dann findet der schnellste Alterungsprozess statt.
  9. Aber gerne ins Tiefkühlfach. Brot und Backwaren proportionieren und tiefgefrieren, wenn absehbar ist, dass sie nicht verzehrt werden, solange sie noch frisch sind.

Studie des WWF zu den wachsenden Brot-Bergen:  WWF-Studie-Unser-taeglich-Brot_Von-ueberschuessigen-Brotkanten-und-wachsenden-Brotbergen_102018.pdf

Autor: Tim Bartels, aus:  UmweltBriefe November 2018.