Berlin-Köpenick, Ortsteil Rahnsdorf, ein warmer Regentag Ende Mai: Umweltstaatssekretärin Britta Behrendt besucht ein ausgetrocknetes Moor, das wieder vernässt werden soll. „Ihre Wiederherstellung ist zentrales Anliegen unserer Klimaanpassungspolitik und gelebter Klimaschutz vor unserer Haustür“, verlautet Behrendt. Berlin besitzt 77 Moore, die alle zusammen 740 ha Fläche umfassen. Aber nur 30 dieser Moore befinden sich im naturnahen Zustand, der überwiegende Rest: entwässert, degradiert oder teilweise trocken gelegt. So auch der Versunkene See an der Grenze zu Brandenburg nahe der Stadt Erkner.
Der Versunkene See in Rahnsdorf
Dieses zwei Hektar große Kesselmoor im Forstrevier Rahnsdorf wird nun von der Stiftung Naturschutz Berlin (SNB) revitalisiert. Zunächst habe „eine Spezialfirma aus Sachsen die Fläche von großen Gehölzen freigeräumt“, sagt SBN-Projektleiter Justus Meißner. Ein paar wenige Eichen hat man stehen lassen. Aber viele Sträucher, Birken, Traubenkirschen und vor allem Erlen, deren Wasserverbrauch über ihre Wurzeln den Grundwasserstand absenkten, wurden entfernt.
Wiedervernässung bedeutet nicht, einfach große Mengen Wasser auf die Fläche zu pumpen. Es steigt von selbst wieder an, auch weil das Wasserwerk Friedrichshagen seine Förderung stark reduzierte. Doch die Wiederherstellung des Moores ist kein Projekt für schnelle Erfolge. „Es braucht Jahre, bis sich die Landschaft erholt und ihre ganze Vielfalt entfaltet“, so Meißner. Das Projekt finanziert der Senat mit „Ersatzgeld“, das Unternehmen bei Bauvorhaben für Ausgleichsmaßnahmen zahlen. Die Rahnsdorfer Moorrenaturierung werde 170 000 Euro kosten, sagt Meißner. Das Gros davon sei für die „Entkusselung“ der Fläche ausgegeben worden.
Für die SNB ist der Versunkene See bereits das sechste Moorprojekt in Berlin. Zuvor habe man die Kleine Pelzlaake und viere Moorarme der Krummen Laake in Müggelheim renaturiert. Was Moorprojektleiter Justus Meißner in Rahnsdorf besonders betonte: Die Menschen dort begrüßen die Wiederbelebung ihres Versunkenen Sees, vor allem die Anwohner der Siedlung Hessenwinkel und ihr „Freundeskreis Waldkapelle“. Zur Aufklärung, was in der abgeholzten Senke nahe der kleinen Kirche passiert und was Moore für Klima und Biodiversität leisten, stellten die Berliner Forsten zum Senatsbesuch zwei Infotafeln auf. Denen nach sollen hier bald wieder Torfmoose,
Sonnentau und Wollgras gedeihen, der Ruf der Moorfrösche („wok-wok-wok“) und die Knipslaute der Sumpfschrecke zu hören sowie die einzigartig wechselnden Muster der Landkärtchen zu bewundern sein.
Warum Moore stille und effektive Klimaschützer sind und ihre Renaturierungen notwendig sind, ist in der Öffentlichkeit mittlerweile angekommen. Schließlich gewinnt die Wissenschaft über Moore immer mehr Daten und Erkenntnisse, die langsam, aber nachhaltig auch in die Köpfe der Politik einsickern.
Lautlose Verbrennung
Forscher haben festgestellt, dass aus deutschen Mooren jedes Jahr Treibhausgase von rund 55 Mio. t CO2-Äquivalenten in die Atmosphäre entweichen: Dann nämlich, wenn der im Torf gespeicherte Kohlenstoff an der Oberfläche mit Sauerstoff zu CO2 oxidiert. „Schätzungsweise 1 Zentimeter Torf im Jahr verlieren entwässerte Moore in unserer Klimazone durch diese lautlose Verbrennung“, schreibt Franziska Tannenberger in ihrem Buch „Das Moor“. Die Leiterin des Greifswald Moor Centrum findet es „gesamtgesellschaftlich nicht hinnehmbar, dass auf einer relativ kleinen Fläche so große Treibhausgasemissionen entstehen“. Denn Moore machen in Deutschland nur etwa 7 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche aus, verursachen aber etwa 35 bis 40 Prozent der landwirtschaftlichen
Treibhausgasemissionen.
EU-Vorgabe, Moore wieder zu vernässen
Doch es gibt noch keinen klaren Auftrag der Politik, trocken gelegte Moorböden hierzulande großflächig wieder nass zu machen. Die nationale Moorschutzstrategie von Ende 2022 setzt auf das Prinzip der Freiwilligkeit.
Dabei nennt die EU-Wiederherstellungs-VO, die im August 2024 in Kraft trat, explizite Moor- Wiedervernässungsziele: Bis 2030 sollen auf mindestens 30 Prozent der landwirtschaftlich genutzten, entwässerten Moorböden Renaturierungsmaßnahmen ergriffen werden, davon mindestens ein Viertel durch Wiedervernässung (bis 2040: 40 Prozent, bis 2050: 50 Prozent). Doch die Agrarpolitik schert sich darum noch wenig bis gar nicht.
Kommunales Moormanagement
Immerhin stellen moorbödenreiche Kommunen und vor allem bayerische Landkreise mittlerweile Moormanager:innen ein. Zum Beispiel die Stadt Greifswald, die eine eigene Strategie zum Schutz der stadteigenen Moore entwickelte und diesen neuartigen Posten bereits 2021 als erste Kommune in Deutschland besetzte. „Tatsächlich besteht die Hauptaufgabe momentan im Reden und Vernetzen, um auf das Thema aufmerksam zu machen und Fördergelder einzuwerben und Mitstreiter zu finden“, sagte Greifswald Moormanagerin Annie Wojatschke 2023 im Interview mit dem VDI. Andere Akteure sind zum Beispiel der Wasser- und Bodenverband, Landwirtinnen und Landwirte, Moorexperten sowie
Wasserbehörden. Die gute Nachricht: Es tut sich was. Durchschnittlich 2 000 ha Moorfläche im Jahr werden derzeit bundesweit wiedervernässt. Die schlechte Nachricht: Doch das ist viel zu langsam, um 2045 Klimaneutralität zu erreichen.
In Berlin sind als nächstes Wiedervernässungsprojekt laut der SNB die „Neuen Wiesen“ in Köpenick vorgesehen.
Autor: Tim Bartels, aus: UmweltBriefe Ausgabe 6/2025
Heinz-Sielmann-Stiftung „Moore – Hoffnungsträger für den Klimaschutz„: Moore sind wichtige Klimaschützer
Forschungsprojekt an der HU Berlin „Berliner Moorböden im Klimawandel„: Überblick über Berliner Moore | Berliner Moorböden im Klimawandel
Moormanagement in Greifswald: Moorschutz
Stiftung Naturschutz Berlin „Moorrenaturierung„: Moorrenaturierung Klimaschutzabgabe – Stiftung Naturschutz Berlin
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