Seit dem 15. Mai ist die Förderrichtlinie des Bundesumweltministeriums zur kommunalen Klimaanpassung für drei Monate geöffnet. Die Mittel werden über das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) bereitgestellt. Wie die Kommunalbefragung des Umweltbundesamts (UBA) aus dem Jahr 2023 ergeben hat, hatten bis dato rund 40 Prozent der Kreise, Städte und Gemeinden bereits Maßnahmen zur Klimaanpassung umgesetzt, fast ebenso viele planen konkrete Schritte.
Zum Beispiel der rheinland-pfälzische Landkreis Cochem-Zell, der bis Oktober 2026 ein Anpassungskonzept erarbeitet. „Wir spüren die Folgen des Klimawandels in der Region deutlich“, sagt Landrätin Anke Beilstein. Die Durchschnittstemperatur ist um 1,8 °C gestiegen, frostige Nächte werden zur Ausnahme, längere Trockenphasen nehmen zu. Die Folge: Das Weinanbaugebiet Mosel verzeichnete 2024 die geringste Ernte seit Jahrzehnten. Ziel des Cochem-Zeller Klimaanpassungskonzeptes ist es nun, bestehende Strukturen zu analysieren, Handlungsbedarfe zu identifizieren und Maßnahmen zu entwickeln. „Wir prüfen, welche Kapazitäten, Pläne und Ansätze bereits vorhanden sind – und wo wir gezielt nachsteuern müssen“, sagt Cochem-Zells Klimaanpassungsmanager Dominik Zell.
Betroffenheitsanalyse
Der Landkreis ist naturräumlich stark geprägt: Im Nordwesten erheben sich die Höhen der Osteifel, im Süden die waldreichen Hochflächen des Hunsrücks. Dazwischen schlängelt sich die Mosel in einem tiefen Tal. Sie bildet nicht nur das geografische Rückgrat der Region, sondern birgt auch ein Risiko: „Bei Starkregen schwillt der Fluss innerhalb kurzer Zeit stark an. So steigt die Gefahr von Überschwemmungen, insbesondere in den dichter besiedelten Talabschnitten aber auch im Umland in direkter Nähe zu Bächen”, sagt Tanja Sprenger von der Firma Drees & Sommer. Das Beratungsunternehmen ist auf Bau, Immobilien und Infrastruktur spezialisiert und hat für Cochem-Zell eine „Betroffenheitsanalyse“ durchgeführt.
Untersucht wurden dabei die klimatischen Veränderungen in der Region und deren Auswirkungen auf zentrale Lebens- und Wirtschaftsbereiche. Auf Basis der Analyse entwickelten Sprenger und ihr Team ein Zukunftsszenario, das zeigt, mit welchen klimatischen Entwicklungen der Landkreis künftig rechnen muss. „In allen Naturräumen ist mit einem deutlichen Temperaturanstieg zu rechnen“, sagt Sprenger. Auch die Häufigkeit extremer Wetterereignisse wie Starkregen und die Länge von Trockenphasen werden laut ihrer Prognose deutlich zunehmen. „Dabei geht es nicht nur um Schäden an Gebäuden oder Straßen“, betont Sprenger, „sondern ebenso um die Gesundheit und das Leben der Menschen sowie um die Stabilität ganzer Ökosysteme, die unter den zunehmenden Belastungen stark unter Druck geraten.“
Ausbau von Retentionsflächen
Durch die regelmäßig übertretende Mosel seien die Bewohner des Landkreises zwar Überschwemmungen gewohnt, doch durch die Kombination aus steilen Hängen und extremen Starkregen steige das Risiko von schnell auftretenden Sturzfluten, so Sprenger: „Ein vollständiger Schutz ist kaum realisierbar. Umso wichtiger ist es, Maßnahmen zu ergreifen, die die Auswirkungen mildern.“
Diese Gefahr wurde auch schon in den Orts- und Verbandsgemeinden erkannt: Um ihr entgegenzuwirken, wird an verschiedenen Starkregenkonzepten gearbeitet. Klassische Maßnahmen können hierfür beispielsweise der Ausbau und die Optimierung von Rückhalteflächen sein. Wie dringend der Handlungsbedarf ist, zeigte sich beim Hochwasser 2023: In mehreren Gemeinden des Kreises Cochem-Zell, etwa in der Stadt Zell, stießen bestehende Schutzmauern an ihre Belastungsgrenze.
Vor-Ort-Kenntnisse der Bürgerinnen und Bürger
Doch Klimaanpassung bedeutet mehr als Hochwasserschutz. Der Landkreis will auch Maßnahmen gegen häufiger auftretende Hitzewellen und steigende Temperaturen ergreifen. Hierfür sind insbesondere naturbasierte Lösungen wirksam: Beispielsweise können Pflanzen eine kühlende Wirkung durch die Verdunstung von Wasser haben, wozu die Begrünung von Dächern und Fassaden, das Pflanzen von klimaresilienten Bäumen sowie die nachhaltige Landnutzung beitragen. „Das verbessert nicht nur das Mikroklima, sondern stärkt auch wertvolle ökologische Lebensräume“, erläutert Sprenger.
Da Klimaanpassung eine gesellschaftliche Aufgabe sei, die davon profitiere, verschiedene Perspektiven zu berücksichtigen, setzt Sprengers Team auf Bürgerbeteiligung: „Uns ist es wichtig, die Menschen frühzeitig über Workshops, öffentliche Veranstaltungen und digitale Formate mitzunehmen“, so Sprenger. „Wir geben so unser Wissen weiter, erhalten aber auch wichtige Vor-Ort-Kenntnisse von den Bürgern, um gemeinsam Lösungen entwickeln zu können.“
Frühzeitige Investitionen in den Klimaschutz und Anpassung werden als deutlich günstiger eingeschätzt als die langfristigen Kosten der Klimakrise. „Deshalb müssen wir jetzt handeln, um Schäden für Umwelt, Wirtschaft und Gesellschaft zu begrenzen”, sagt Cochem-Zells Landrätin Anke Beilstein.
Autor: Tim Bartels, UmweltBriefe, Juli/August 2025.
Zur kommunalen „Förderung von Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels“
geht es unter: Förderung zur Klimaanpassung | Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG)
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