Privathaushalte müssen 20 Prozent Erdgas sparen
Privathaushalte sollten bis zu 20 Prozent ihres Erdgasverbrauchs einsparen. Foto: penofoto.de/AdobeStock
10. November 2022 | Bürgerinfo

Erdgas: hohe Preise, knappes Angebot

Beides zu kommunizieren, gelingt der Bundesregierung derzeit nicht so überzeugend: Dass wir nicht nur wegen horrender Preise, sondern auch wegen des mangelnden Angebots Energie sparen müssen. Sie kennen ja alle die Mahnung, dass der Verbrauch von Erdgas in jedem Haushalt um 20 Prozent sinken müsse, um die Gasmangellage zu überstehen. Kann man das als Privatverbraucher schaffen?

Der Verbrauch von Erdgas muss um 20% sinken

„Ja, es ist möglich“, sagt Dirk Müller. Er ist Professor für Gebäude- und Raumklimatechnik an der RWTH Aachen und sagt: „So ehrlich muss man sein: Es ist mit Komforteinschränkungen verbunden.“ Es gibt aber auch Haushalte, die schon immer sparsam waren, „die haben bereits wenig verbraucht und sehr reduziert geheizt“. Das heißt: Die leben schon an der Grenze des gerade noch Erträglichen. Noch weniger geht nicht.

Für Bessergestellte erscheint es aber machbar, den 20 Prozent nahe zu kommen – wenn man sein Verhalten anpasst und einfache Do-it-yourself-Maßnahmen umsetzt. Die haben ihre Räume eher über die Maßen warm gemacht, ein Trend, den man insgesamt beobachten konnte in der Vergangenheit: im Winter die Heizung voll aufdrehen und nur leicht bekleidet den Komfort genießen.

Kontingent an Erdgas begrenzt

Doch was wir in den Haushalten nicht einsparen, muss ja an anderer Stelle eingespart werden. Denn das absolute Kontingent an Erdgas ist beschränkt. Müssten wir also in der Industrie das Gros der Energie einsparen, wäre das volkswirtschaftlich kaum wünschenswert. „Wir wollen ja weiter produzieren können, wir wollen uns ja wirtschaftlich nicht schädigen durch die Gasmangellage“, sagt Dirk Müller. Sein Appell: Die Haushalte müssen in die Sparbemühungen eingebunden werden, „zumal es ja auch das eigene Konto entlastet“.

Weniger und kalt duschen

Im Bereich des Trinkwarmwassers ist die einfachste Form der Einsparung, einfach weniger zu verbrauchen. Man könnte zwar auch hier die Temperatur absenken, aber dann hat man die Gefahr der Legionellenbildung. Um die zu umgehen, ist es besser, lieber weniger in Anspruch zu nehmen. Also: kürzer duschen, weniger duschen, kalt duschen – was eben für einen gerade noch ertragbar ist. „Damit ist man gut dabei, die zwanzig Prozent im Haushalt auch einzusparen“, sagt Müller, der das für Einfamilienhäuser ausgerechnet hat. Doch funktioniert das auch für Mieter:innen?

Für Mieter und Eigentümer gleich

„Beim Trinkwarmwasser haben Mieter die gleichen Möglichkeiten einzusparen wie Einfamilienhäuser.“ Dabei komme es ein bisschen darauf an, ob man sehr viel Außenfläche in seiner Wohnung hat, das heißt: Bei denen mache sich eine Temperaturabsenkung direkt (unangenehm) bemerkbar, auch in Bezug auf die Wärmeverluste. Andere mit weniger Außenflächen haben ein größeres Potenzial zur Verfügung, die Temperatur abzusenken und dabei weniger Energie zu verbrauchen. Energiesparen durch leichtes Absenken der Raumtemperatur sei insgesamt auch in Mietshäusern möglich.

Fatal ist, dass der preisliche Anreiz zum Heizwärmesparen erst dann greift , wenn die Heizsaison vorbei ist: Denn mit der späten Jahresrechnung kommt das böse Erwachen. Deswegen, so Müller, sei eine erhöhte Abschlagszahlung durchaus gerechtfertigt – solange Haushalte die stemmen können.

Erdgas zum Heizen und für Warmwasser

* Erdgas wird in knapp der Hälfte aller Häuser (18,9 Mio. = 49,3 Prozent) und Wohnungen (40,6 Mio. = 48,2 Prozent) zum Heizen und für Warmwasser verwendet.
* Fürs Heizen wird 70 bis 80 Prozent des Erdgases verwendet, für Warmwasser 20 bis 30 Prozent. Je besser ein Haus gedämmt ist, desto mehr verschiebt sich das Verhältnis.
* Wohnungen werden seit Jahrzehnten immer größer. Prinzipiell steigt damit der Heizbedarf pro Wohnung, obwohl die Winter tendenziell wärmer werden.
* 2021 verbrauchten die Wohngebäude in Deutschland 310 Terawattstunden (TWh) Gas – mehr als in vergangenen Jahren. Je nach Witterung schwankt der Verbrauch um bis zu 12 Prozent.

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe, November 2022.


Fact Sheet des Science Media Center: Womit man in der Wohnung auf einfache Weise am meisten Erdgas spart:  https://www.sciencemediacenter.de/alle-angebote/fact-sheet/details/news/womit-man-in-der-wohnung-auf-einfache-weise-am-meisten-erdgas-spart/


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Erdgas sparen, aber wie?

  1. 1.

    Kürzere Duschzeit mit Sparduschkopf. Bei der viel zitierten Fünf-Minuten-Dusche ist unklar, wieviel es wirklich bringt. Das Umweltbundesamt (UBA) schätzte vielmehr ein, wieviel eingespart würde, wenn alle Menschen in Deutschland einen Spar-Duschkopf nutzen, der den Verbrauch fürs Duschen um rund 30 Prozent senkt: Das spart bundesweit rund 11,3 TWh Erdgas ein (Jahresverbrauch 2021: 310 TWh).

  2. 2.

    Weniger warme Räume. Nach Berechnungen des UBA würden rund 10 TWh Erdgas weniger benötigt, wenn alle Haushalte in Deutschland die Temperatur in den Wohnungen um ein Grad reduzieren würden. Bei einer Absenkung um zwei Grad wären es sogar rund 21 TWh. Wenn Sie Ihre Heizung also im Winter von 21 Grad Celsius auf 19 Grad Celsius maximale Raumtemperatur absenken würden, dann müssten Sie halt einen Pullover anziehen. Das ist trivial.

  3. 3.

    Der hydraulische Abgleich. Der muss immer gemacht werden, wenn eine Heizung in Betrieb genommen wird. Dadurch wird sichergestellt, dass der Heizkörper genau die Menge an Wasser aus dem Heizungssystem bekommt, die für den Raum ausgelegt ist. Es geht darum, die Vorlauftemperatur so gering einzustellen, wie es irgend geht – das trägt zur Einsparung bei.

  4. 4.

    Kleinvieh macht auch Mist. „Wenn ich bisschen spare, hat das ja gar keinen Effekt“, werden Sie sagen. „Wenn ich im Haus bei 25 Grad bleibe, merkt das sowieso keiner.“ Das mag sein, doch wenn das alle täten, hätten wir ein massives Problem. Sparen sollte man, auch wenn es sich nicht direkt auf den Preis auswirkt. Im Sinne der Solidarität. Jeder ist aufgefordert mitzuwirken.

  5. 5.

    Energetische Sanierung. Die ist mittelfristig der beste Weg, den Energiebedarf eines Hauses zu senken, weil sich damit auf fossile Energieträger wie Erdgas ganz verzichten lässt. Dabei werden Wände, Dach und Keller eines Hauses gedämmt, Fenster ausgetauscht, eine Lüftungsanlage mit Wärmetauscher eingebaut und die Heizung gegen eine neue mit angepasster Technik (Geothermie, Solarthermie, Pelletheizung, Wärmepumpe) getauscht. Dieser Prozess kann Monate dauern, erfordert genaue Planung, viel Geld, Material und Handwerker.