Das Streaming verbraucht zu viel Energie.
Rechenzentren, Server und Netzte verbrauchen immer mehr Energie. Foto: adimas/AdobeStock
3. März 2022 | Bürgerinfo

Energie-Fresser Internet: Klimakiller TikTok

Ohne Digitalisierung kann die Energiewende nicht klappen. Schon klar. Denn nur ein Rechner mit Prozessor kann das immense Angebot dezentraler Ökoenergien effizient koordinieren. Das spart auch Energie. Doch der größte Verbrauchsbrocken sind ja ohnehin die privaten Haushalte, wenn sie das Internet nutzen. Von ihnen gehen die meisten Datenströme aus. Und die werden Jahr für Jahr immer mehr – und mutieren zu gewaltigen Energie-Fressern.

Streamen verbraucht zu viel Energie

Im Home-Office arbeiten, E-Learning, Online-Veranstaltungen und Filme streamen: Das ist für die meisten längst Alltag. Durch die Corona-Pandemie ist der digitale Bedarf weiter gestiegen. Doch wie umweltfreundlich sind die Cloud-Dienste wirklich? Wie ressourcenintensiv, ja wie verschwenderisch sind die immer größer werdenden Rechenzentren dieser Welt? Die extra geschaffen wurden fürs Hochladen eines Videos auf Tiktok, für eine flüchtige Whatsapp-Nachricht, fürs Verschicken einer E-Mail oder fürs Speichern zahlloser Schnappschüsse auf Snapchat.

Die digitalen Technologien verbrauchen mittlerweile ein Zehntel der weltweit erzeugten Energie und sind für fast vier Prozent des weltweiten CO2Ausstoßes verantwortlich – knapp doppelt so viel wie der weltweite zivile Luftverkehr.

Rechenzentren, Server und Netze als Energie-Fresser

Vor allem das Streamen von Videos, die achtzig Prozent aller Datenübertragungen ausmachen, soll sich „zum mit Abstand größten digitalen Stromschlucker und gewichtigen Klimafaktor entwickelt“ haben. Kein Wunder, müssen dabei doch Bild- UND Ton-Informationen verarbeitet, verdichtet, gespeichert und milliardenfach zu den Laptops, Smartphones und Monitoren geschickt werden. Nun sind diese Filmdateien nicht die größten Energie-Fresser, sondern die Rechenzentren, die Server und die Netze.

CO2Fußabdruck für digitale Dienste

Nimmt man dagegen mit dem Laptop an einer einstündigen Videokonferenz teil, verursacht dies Emissionen von 55 g CO2Äquivalenten, das ist etwa so viel wie eine PKW-Fahrt von 260 m. Das hat das Öko-Institut im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) errechnet. „Wir haben jetzt eine Methode, den CO2Fußabdruck auf digitale Dienste zu kleben“, sagt Jens Gröger vom Öko-Institut. An diesem und anderen Fallbeispielen zieht das UBA den Schluss, „dass der Aufwand im Rechenzentrum geringer ist als bisher angenommen“. Doch wegen der immer größer werdenden Anzahl der Nutzer und Anwendungen sind die Energie- und Rohstoffverbräuche der Rechenzentren und Datennetzen dennoch klimarelevant.

Klimaverträgliches Streaming mit Abwärme

Klimaverträgliches Streaming sei möglich, so die Umweltbehörde, „wenn man es richtig anstellt und den richtigen Weg zur Datenübertragung wählt“. Aus Umweltsicht sei es eine gute Idee, mehr öffentliche WLAN-Hotspots einzurichten, denn das verursacht erheblich weniger Treibhausgase als Streaming im Mobilfunknetz. Und auch Rechenzentren lassen sich effizienter gestalten, wenn man sich ihre Abwärme zunutze macht und sie, wie die Stadt Frankfurt/Main, in kommunale Nah- und Fernwärmenetze einspeist.

CO2-Fußabdruck des Digitalen
Das Öko-Institut hat eine Methode entwickelt, vom Ressourcenverbrauch digitaler Dienste auf den CO2-Ausstoß zu schließen. Wer sich z.B. eine Stunde lang einen Film im Internet über einen Glasfaseranschluss mittels WLAN anschaut, emittiert 2 g CO2. Dagegen kann Streaming mit dem Handy übers Mobilfunknetz 90 g CO2 pro Stunde verursachen. Eine Stunde Videokonferenz mit Laptop emittiert 55 g CO2-Äq., mit PC und Monitor sind es 90 g, vor großem Videomonitor 295 g. Ein Tweet verbraucht 0,63 kWh, das entspricht (beim deutschen Strommix von 471 g CO2/kWh) relativ üppige 294 g CO2.

Tipps zum Energie-schonenden Verhalten

  • Ändern Sie Ihr digitales Verhalten. Streamen Sie z.B. keine Filme in Ultra HD- oder 4K-Auflösung über eine mobile Datenverbindung auf ein Smartphone, das diese Pixelgröße ohnehin nicht darstellen kann. Schauen Sie sich, um Strom zu sparen, besser Videos an in einer geringeren Auflösung und über WLAN oder Datenkabel.
  • Laden statt streamen. Wo möglich, sollten Sie interessante Dateien nur einmal auf Ihr Gerät herunterladen, anstatt sie viele Male zu streamen.
  • Filme aus dem Netz nie allein. Veranstalten Sie lieber einen Filmabend in großer (Familien-)Runde. So sitzt nicht jeder allein vor dem Bildschirm und daddelt. Es wird dann weniger gleichzeitig gestreamt.
  • Aufräumen in der Cloud. Verteilen Sie nicht gleich jeden Schnappschuss „an alle“ und löschen Sie in der Cloud regelmäßig Überflüssiges. Verewigen Sie möglichst keine Bilder desselben Motivs in der Cloud. Aus Sicherheitsgründen wird dort jede Datei immer wieder erneut abgelegt, und das frisst immer wieder erneut Strom.
  • Stromsparende Speicheralternative. DVDs, externe Festplatten und natürlich USB-Sticks sind als (auch platzsparende) Speicher immer noch eine gute Alternative, um alte Dateien zu lagern.
  • Auch E-Mails verbrauchen Strom. „Müssen Sie diese E-Mail wirklich ausdrucken?“, werden Sie als Adressat von Mails mittlerweile oft gefragt – im besten Sinne des Ressourcenschutzes. Doch auch die Klimawirkung lässt sich gering halten, wenn Sie wirklich nur das Nötigste versenden und z.B. Anhänge des Senders in der Antwort nicht wieder zurückmailen. Außerdem sollten Sie nicht mehr benötigte Mails direkt löschen und nicht nur in „Ablage P“ verschieben. Außerdem: Spam-Ordner regelmäßig löschen, uninteressante Newsletter abbestellen und E-Mail-Benachrichtigungen sozialer Netzwerke deaktivieren.
  • Blauer Engel. Seit mehr als zwei Jahren wird das renommierte Umweltzeichen auch für ressourcen- und energieeffiziente Software vergeben. Zum Beispiel hat sich die Stadt Dortmund dazu bekannt und bevorzugt bei der IT-Beschaffung solche Produkte.

Weitere Tipps, wie Sie Ihre CO2Bilanz „im Netz“ verbessern können, gibt es unter:  Internet als Stromfresser? – NABU

Über die Klimawirkung von Cloud-Diensten berichtet das Umweltbundesamt unter  Video-Streaming: Art der Datenübertragung entscheidend für Klimabilanz | Umweltbundesamt

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe März 2022.