Der Kiebitz ist Vogel des Jahres 2024.
Der Kiebitz ist Vogel des Jahres 2024. Foto: AdobeStock/BAHADIR YENICERI
14. November 2023 | Bürgerinfo

Der Kiebitz ist Vogel des Jahres 2024

Kiebitz, Rauchschwalbe, Rebhuhn, Steinkauz und Wespenbussard standen dieses Mal zur Wahl. Von den knapp 120000 abgegebenen Stimmen entschieden sich 33 289 oder 27,8 Prozent für Vanellus vanellus. Der Kiebitz bekam 2021 sogar 43 227 Befürworter, doch mehr Sympathie genossen damals Rauchschwalbe und Rotkehlchen. Anno 1996 hatte der NABU den bedrohten Wiesenbrüter bereits zum
Jahresvogel auserkoren.

Stark gefährdet

Noch in den 1970er Jahren war der Kiebitz in Deutschland ein Allerweltsvogel und fast überall auf Feldern und Wiesen anzutreffen. Heute ist diese schwarz-weiße Art aus der Familie der Regenpfeifer vielerorts verschwunden und steht in einigen Regionen kurz vor dem Aussterben. Dieser Rückgang ist in Süddeutschland besonders ausgeprägt.

Der Kiebitz braucht ungedüngte Grünflächen

Vor allem Entwässerung und Verlust von Feuchtwiesen machen dem Kiebitz schwer zu schaffen. Der Vogel des Jahres (2019 auch in der Schweiz) braucht freie Bereiche auf feuchten Böden mit geringer Vegetationsdichte. Diese Bedingungen erfüllen Flächen, die weder gedüngt noch entwässert werden.

Der Kulturfolger, der bei uns einwanderte, als durch Rodung der Wälder zunehmend freie Flächen entstanden, war einmal ein Steppenvogel. Erst als nach der Jahrhundertwende Gülle und Mineraldünger auch die Erträge der Grünflächen steigerten, wich der Kiebitz auf die Äcker aus, wo aber seine Gelege zerstört werden. Dies liegt daran, dass der Vogel sein Brutgebiet aus der Luft nach der Farbe auswählt: Graubraun wie eine Steppe soll es sein. Diesem Suchbild entsprechen im Frühjahr, wenn die Kiebitz-Paare einen Brutplatz wählen, nur ungedüngte Grünlandflächen oder eben Äcker.

Keine Brutplätze mehr

Ist der Vogel gezwungen, auf dicht- und hochbewachsenen Flächen zu brüten, entstehen für die jungen Vögel Nachteile. Sie sind Nestflüchter und müssen schon früh selbst auf Nahrungssuche gehen. Dichte Vegetation behindert die Jungen nicht nur auf der Jagd nach Würmern, sondern benetzt sie nach Regen auch ständig. Da sie die Körpertemperatur noch nicht konstant halten können, stehen die Küken also vor der Situation, zu unterkühlen oder zu verhungern. Der Bestand gilt erst als gesichert, wenn pro Jahr durchschnittlich acht bis neun Jungtiere von zehn Brutpaaren die Geschlechtsreife erreichen.

Meist legt das Kiebitz-Weibchen vier Eier in eine offene Bodenmulde, in der sie leichte Beute für Fuchs, Marderhund und Iltis sind. Um mit diesen natürlichen Verlusten zurecht zu kommen, haben Kiebitze im Laufe der Evolution Anpassungsstrategien entwickelt. Wenn die Bedingungen stimmen, können Kiebitze pro Jahr bis zu vier Mal neue Mulden scharren, in die sie Eier legen und ausbrüten. So haben sie mehrere Chancen, zum Erfolg zu kommen. Doch mittlerweile fehlt es an Ausweichbrutplätzen, die Vegetation auf gedüngten Wiesen und Äckern wächst so schnell hoch, dass im fortgeschrittenen Frühjahr keine erneute Eiablage mehr möglich ist.

Kiebitze sind Teilzieher: Einige überwintern bei milder Witterung in Deutschland, und ein anderer Teil zieht in die Wintergebiete nach Frankreich, Spanien, Großbritannien und in die Niederlande. Beeindruckend sind die Flugmanöver zur Balzzeit: Sie drehen Schleifen über ihrem Revier, stürzen sich gen Boden und singen weit hörbar ihr „Ki-wit“.

Bestandsentwicklung Kiebitz

* In Deutschland brüteten 2016 laut des Dachverbands Deutscher Avifaunisten (DDA) rund 42000 bis 67000 Brutpaare.
* Damit ist der Bestand zwischen 1992 und 2016 um 88 Prozent und seit 1980 gar um 93 Prozent zurückgegangen. Der Kiebitz ist in Deutschland „stark gefährdet“.
* Europaweit haben sich die Bestände laut des European Bird Census Council (EBCC) seit 1980 mehr als halbiert. Vanellus vanellus gilt daher in ganz Europa als „gefährdet“.
* Weltweit steht der Kiebitz auf der Vorwarnliste bedrohter Vogelarten der International Union for Conservation of Nature (IUCN). Quelle: NABU

Autor: Tim Bartels,  UmweltBriefe, November 2023


Informationen des NABU zum Vogel des Jahres 2024:  Der Vogel des Jahres 2024 – NABU

Zum Artenschutzprojekt zur Förderung des Kiebitzes in der Agrarlandschaft:  Der Sympathieträger Kiebitz als Botschafter der Agrarlandschaft (thuenen.de)

Ein Praxishandbuch (PDF) zum Schutz des Kiebitz:  200407-nabu-kiebitzschutz-handbuch.pdf

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So schützen Sie den Kiebitz

  1. 1.

    Sichtungen melden. Wenn Sie Kiebitze sehen, können Sie das auf den Webseiten  Startseite ornitho.de / ornitho.lu – www.ornitho.de oder  naturgucker.de (nabu-naturgucker.de) angeben. Ihre Meldung steht dann für wissenschaftliche und naturschutzfachliche Auswertungen zur Verfügung.

  2. 2.

    Brutverdacht. Wenn Sie auf Wiesen, Weiden oder Äckern Kiebitze im Brutgeschäft entdecken, sollten Sie möglichst die Bewirtschaftenden der Fläche ansprechen. Sind die nicht bekannt, sollte zumindest die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises über den Brutverdacht informiert werden.

  3. 3.

    Netzwerken. Vogelfreunde, Birder, Behörden und Naturschutzgruppen, die Interesse an einer bundesweiten Vernetzung beim Schutz des Kiebitz haben, können sich an die AG Kiebitzschutz des NABU wenden.

  4. 4.

    Beratung. Falls Sie Interesse an lokalen Gelegeschutzprojekten haben oder LandwirtInnen auf Förderung für den Kiebitzschutz aufmerksam machen wollen, können Sie auf das zuständige Landwirtschaftsamt verweisen. Beratung und regionale AnsprechpartnerInnen findet man unter  Lapwing Conservation.org | Förderprogramme

  5. 5.

    Kiebitz-Plattform. Die deutschsprachige Webseite  Lapwing Conservation.org enthält allgemeine Informationen zum Kiebitz, Neuigkeiten zur Bestandsentwicklung, ein Forum für den Dialog sowie Praxistipps, AnsprechpartnerInnen, Fördermöglichkeiten und Fallstudien.

  6. 6.

    Beobachtungstipp. Der Verbreitungsschwerpunkt der Kiebitze ist das nordwestdeutsche Tiefland auf Wiesen und Weiden. Während der Zugzeit können Sie Kiebitzschwärme anhand ihres typischen Flugbildes ausmachen. Sie rasten gern mit Goldregenpfeifern auf abgeernteten Feldern.