Die Flatter-Ulme (Rüster) ist Baum des Jahres 2019
Die Flatter-Ulme (Rüster), hier ein 120 Jahre altes Exemplar aus Nordhessen, ist Baum des Jahres 2019. Foto: Schmutzler-Schaub/AdobeStock
6. Dezember 2018 | Bürgerinfo

Baum des Jahres 2019: die Flatter-Ulme

Zur Auswahl standen Kornelkirsche, Douglasie und – die Flatter-Ulme. Und gerade die will das „Kuratorium Baum des Jahres“ nun ins Licht der Öffentlichkeit rückenWer die buschigen Blüten der Flatter-Ulme einmal im Wind hat tanzen sehen, weiß, woher die Art ihren Namen hat. Spricht man von Ulmen, denken die meisten aber wohl zuerst an das Ulmensterben im vergangenen Jahrhundert.

Die Flatter-Ulme

Doch wo Berg- und Feld-Ulme insbesondere durch ihren dramatischen Rückgang traurige Berühmtheit erlangt haben, zeigt die Flatter-Ulme ein ganz anderes Gesicht. Ulmus laevis unterscheidet sich nicht nur botanisch deutlich von ihren bekannteren Schwestern, sie erwies sich auch gegen die Ulmenkrankheit als deutlich widerstandsfähiger. Dass die Flatter-Ulme dennoch eine seltene Baumart in Deutschland ist, hat in erster Linie mit dem Verlust ihres Lebensraumes zu tun.

Die Flatter-Ulme ist ein hochgewachsener Baum der Feuchtwälder und Flussauen. Dort prägt sie zusammen mit Stiel-Eiche, Esche, Berg-Ahorn und Feld-Ulme die sogenannten Hartholz-Auenwälder. Die Flatter-Ulme hält dauerhaft feuchten Böden und längere Überflutungsperioden problemlos aus. Flussauen und überflutete Gebiete sind aber landwirtschaftlichen Flächen gewichen, Flüsse begradigt und Feuchtgebiete trocken gelegt.

Starke Brandenburgerin

In Deutschland ist die Flatter-Ulme lediglich in den östlichen Bundesländern gut verbreitet – besonders stark in Brandenburg. Dort gedeiht nämlich das größte Vorkommen Deutschlands, wie das Landeskompetenzzentrum Forst Eberswalde vor zehn Jahren in einem bundesweiten Projekt „zur Erfassung seltener Baumarten“ herausgefunden hat. Man zählte damals in Brandenburg exakt „58 158 der oft versteckt im Wald vorkommenden Flatter-Ulmen“. Mecklenburg-Vorpommern folgte mit 24 576 und Sachsen-Anhalt mit 16 353 Bäumen. Alle anderen Bundesländer haben deutlich geringere Werte von unter 10 000 Bäumen. Im übrigen Deutschland ist sie am ehesten noch in den größeren Flusstälern anzutreffen – in der Rhein-Main-Ebene, im Oberrheingraben und entlang der Donau. Flächenmäßig kommt die Flatter-Ulme laut der elektronischen Wald-Datenbank „DSW2“ auf nur rund 300Hektar des gesamten deutschen Waldes, der ja immerhin eine Größe von 1,1 Millionen Hektar hat.

Rettungsfloß für andere Arten

Alle drei heimischen Ulmenarten mögen feuchte Standorte. Die Flatter-Ulme allerdings ist besonders „nah am Wasser gebaut“. Seit der letzten Eiszeit ist sie Teil unseres Ökosystems und hat sich unter verschiedensten Klimabedingungen bewährt. „Wir brauchen Baumarten, die den Herausforderungen klimatischer Veränderungen gewachsen sind“, sagte die Deutsche Baumkönigin Caroline Hensel bei der Ausrufung im Berliner Zoo. Ulmus laevis kann bei der Revitalisierung von Bach- und Flussauen eine entscheidende Rolle einnehmen. Für Arten, die auf Ulmen angewiesen sind, ist die Flatter-Ulme ein regelrechtes Rettungsfloß. Auch wenn sie die Nähe des Wassers liebt – die Flatter-Ulme kann auch auf trockeneren Standorten ganz gut zurechtkommen. Schon im Barock gehörten Ulmen zusammen mit den Linden zu den beliebtesten Alleebäumen. In Osteuropa, ihrem Hauptverbreitungsgebiet, ist die Flatter-Ulme auch heute noch ein häufiger Alleenbaum. Aber auch in Nordostdeutschland kann man noch durch einige Flatter-Ulmenalleen fahren.

Städteplaner, hergehört!

Auch im urbanen Bereich gibt es geeignete Standorte, auf denen der Baum des Jahres 2019 als widerstandsfähiger, attraktiver Stadtbaum punkten könnte: Viele Parks verfügen über Seen und wassergeprägte Bereiche, die ein geeignetes Biotop darstellen. Die Flatter-Ulme hält aber auch trockenwarmes Stadtklima gut aus. Und sie ist recht tolerant gegenüber Luftverschmutzung, Streusalz und Bodenverdichtung. Sie könnte daher – auch als Ersatz für die längst weggestorbenen Feld- und Berg-Ulmen – wieder häufiger an Straßen innerhalb von Städten angepflanzt werden. „Nach Jahrhunderten der Lebensraumzerstörung ist es Zeit, die Flatter-Ulme neu ins Bewusstsein von Städteplanern und Forstleuten zu holen“, sagt Baumkönigin Caroline Hensel. Da lange angenommen wurde, dass alle heimischen Ulmen von der Ulmenkrankheit stark betroffen seien, wurden im urbanen Bereich seit hundert Jahren so gut wie keine Flatter-Ulme mehr nachgepflanzt. Mit den Erfahrungen von heute sollte man nun die Möglichkeit nutzen, die Flatter-Ulme wieder in die Städte und Parks zurückzubringen.

Infos zum Baum des Jahres:  https://baum-des-jahres.de

Autor: Tim Bartels, aus  UmweltBriefe, Dezember 2018.